Stürmische Liebesschwüre
Von Manuel Jennen am 28.07.2009 18:52 Uhr
TECKLENBURG Was ist wichtiger in der Oper, der Text oder die Musik? Die Gala „Nacht der Klassik“ am Montag auf der Tecklenburger Freilichtbühne gab die Antwort: Am wichtigsten sind die Kleider.
Bezaubernde Lady in Red: Koloratursopranistin Eva Lind ließ die Spitzentöne sprühen.
Foto: Jennen
Die berühmten Primadonnen Eva Lind und Deborah Sasson zogen sich selbstverständlich in der Pause um und führten so gleich vier atemberaubende Roben vor. Eva Lind im wehenden blutroten Kleid mit goldenem Haar unter dem stürmisch dräuenden Tecklenburger Himmel: Das war ein Anblick für die Götter!
Schneeflöckchen-Spitzentöne
Allerdings sang sie keine wilden Rache-Arien, sondern den lieblichen Frühligsstimmen-Walzer von Johann Strauß. Hier wie auch in der Arie „Caro nome“ aus Verdis „Rigoletto“ erstaunte Lind mit ihrer Koloratur-Technik: Leicht wie Schneeflöckchen tanzten die Staccato-Noten in die Höhe, blitzten auf und schmolzen dahin. Dass die sehr feine Stimme in gebundenen Passagen manchmal etwas hauchig klang, lag auch an der Vergrößerung durch das Mikrofon. Dennoch: Als Mozarts Zerlina, Verdis Gilda und Puccinis Lauretta in „Gianni Schicchi“ punktete Eva Lind mit verführerischem Charme.
Charakter hatte auch Deborah Sasson in Hülle und Fülle: Schon ihr Auftritt als Mozarts Pamina mit der Arie „Ach, ich fühl’s, es ist verschwunden“ war ein Meisterstück dramatischen Singens und musikalischer Phrasierung: In der Mittellage öffnete sich die Stimme so weit und klar wie ein Waldsee, man konnte in Mozarts Liebesleid eintauchen und sich fortreißen lassen.